Forschungsprojekt

Das Forschungsprojekt


Aufgaben und Fragestellungen

Warum lohnt sich die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der mittelalterlichen Architektur in Livland? Vor dem Hintergrund der speziellen historischen Situation Livlands in Verbindung mit der geographischen Grenzlage ergeben sich eine Reihe interessanter Fragen, die im Forschungsprojekt behandelt werden. Hierzu gehören die Herausarbeitung der Entstehungsbedingungen mittelalterlicher Architektur im Kontext von Kolonisation und Mission, die Problematik der Herausbildung regionaler ‚Bauschulen‘ (etwa der „Rigaer Bauschule“) oder der Prozess der Entwicklung einer Architekturlandschaft. Schließlich ist eine kritische Darstellung der Forschungsgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert vor dem Hintergrund nationaler Konflikte der dort ansässigen Volksgruppen (Deutschbalten, Esten, Letten, Russen) dringend notwendig. Ein trinationales Projekt wird gewährleisten, dass die Genese, Entwicklung und Bedeutung der mittelalterlichen Architektur Livlands nicht aus dem einseitigen Blickwinkel einer nationalen Sichtweise beurteilt wird, sondern eine übergreifende europäische Perspektive einnimmt.

Forschungsmethoden und Vorgehensweise

Das Projekt (2020-2022) soll sowohl Grundlagenarbeit für künftige weitergehende kunst- und kulturwissenschaftliche Forschungen auf dem Gebiet der livländischen Architektur leisten als auch eine Zwischenbilanz des aktuellen Erkenntnisstands liefern. Hierzu werden zunächst die etwa 350 erhaltenen oder durch Bild- und Schriftquellen dokumentierten mittelalterlichen Bauten der Region in einem Katalog inventarisiert. Die Katalogisierung bildet das Fundament für formalanalytische Untersuchungen, bei der z.B. typologische Gruppenbildungen zu ermitteln und durch Verbreitungskarten darzustellen sind. Auf Grundlage dieser Analysen lassen sich Entwicklungstendenzen und spezifische Charakteristika innerhalb der Architekturgattungen herausarbeiten und in Beziehung zur Baukunst der benachbarten Regionen sowie der Herkunftsgebiete der Auftraggeber setzen. Daran anschließend können weitergehende Einzelstudien den Versuch unternehmen, markante typologische oder formspezifische Verbreitungsmuster mit historischen, politischen, kulturellen und ökonomischen Entstehungsbedingungen abzugleichen, um dadurch Erklärungsmodelle für die empirisch ermittelten Phänomene zu erlangen. Dabei ist insbesondere zu untersuchen, inwieweit sich die Einbindung Livlands in das Netzwerk überregionaler wirtschaftlicher und politischer Verbände (Hanse, Deutscher Orden, römisch-katholische Kirchenorganisation) in der Architekturausprägung widerspiegelt. Daneben sind die spezifischen Bedingungen einer Grenzregion des westlichen Gesellschaftssystems am Übergang zum russisch-orthodoxen Herrschafts- und Kulturbereich in Betracht zu ziehen.

Präsentation der Ergebnisse

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts sollen als Online-Katalog, in Form einer umfassenden Buchpublikation sowie durch internationale Tagungen der Öffentlichkeit präsentiert werden.